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Anežka und ihre Familie

Anežka Hrůzová lebte mit ihrer Mutter und ihrem Bruder Jan Hrůz in einem Haus am Wald von Malá Věžnice (Kleinwieznitz). Das Vermögen der Familie belief sich auf den Besitz des Hauses. Alle Familienmitglieder arbeiteten in der Landwirtschaft. Der Bruder Jan arbeitete nebenbei als Maurer und Anežka als Aushilfsnäherin. Je nachdem, wieviel auf dem Felde gearbeitet werden musste, ging Anežka nach Polná, um bei der Schneiderin Blandina Prchalová auszuhelfen. Der Vater war verstorben. Um ihn rankt sich auch eine seltsame Geschichte. So wurde er tot im Wald aufgefunden und als psychopathisch beschrieben.1
Laut der Gemeinschaft gab es allerdings Unfrieden in der Familie. So sollen sich Bruder und Schwester gestritten haben, weil Anežka sich Stoff für ein neues Kleid gekauft hatte. Ihr Bruder wird in Malá Věžnice als geizig und gewalttätig beschrieben, später wurde nurmehr von sparsam gesprochen, dies geschah durch den Vormund Josef Nowak.
Auch im März 1899 ging Anežka nach Polná um auszuhelfen. Am 09.03.1899 fing sie wieder bei Prchalová an. Am Dienstag, den 29.03.1899, um sechs Uhr abends, verließ sie das Haus der Schneiderin, um nach Malá Věžnice (Kleinwieznitz) zurückzulaufen.
Am Mittwoch kam Anežka somit nicht nach Hause. Am Tag darauf fragte keines der Familienmitglieder nach ihr. Erst am Freitag, den 31.03.1899, machte sich ihre Mutter auf den Weg zu Prchalová. Doch statt nach dem Verbleib ihrer Tochter zu fragen, erkundigte sich sich lediglich nach dem Körbchen der Tochter. Erst da soll sie erfahren haben, dass ihre Tochter nicht nach Hause gekommen war. Die Mutter sagte widersprüchlich aus, Anežka hätte ihr gesagt, dass sie länger bei Fräulein Prchalová bleiben müsse aufgrund der vielen Arbeit. Später revidierte sie ihre Aussage und sagte, dass sie dies nur angenommen hätte. Des Weiteren dachte sie, dass ihre Tochter noch zur Prozession auf den Kavalienberg gegangen sei. Erst nach dem Besuch bei Prchalová ging die Mutter zur Polizei, um das Verschwinden der Tochter anzuzeigen. Dabei wurde ihr blaues linkes Auge bemerkt. Auf die Frage, was ihr passiert sei, antwortete sie, dass sie einen Unfall mit einer Kuh gehabt hätte.
Anežkas Bruder Jan war am Donnerstag um sechs Uhr ins benachbarte Ždírec na Moravě (Seelenz) gegangen, um dort zu beichten. Weil er aber den Pfarrer nicht antraf, ging er nach Polná, um dort seine Beichte abzulegen. Auch er fragte nicht nach seiner Schwester bei der Schneiderin Prchalová.
Am Samstag fand man Anežka tot am Wegrand auf dem Weg von Polná nach Malá Věžnice (Kleinwieznitz). Die Mutter identifizierte ihre Tochter, benahm sich aber laut dem Postenführer grob. Auch der Bruder äußerte sich abfällig „gut ist es dieser Fliege […] geschehen“.2 Die Mutter hatte schon einen Sarg zum Fundort bringen lassen, da stellte sich die Frage, ob sie schon eher wusste, dass ihre Tochter tot war.
Der Verdacht, dass die Mutter und der Bruder die Täter sein könnten, erhärtete sich später noch. Mutter und Sohn sprachen unmittelbar nach dem Fund von Mord. Am Fundort wurde ein grobes Leinenstück gefunden. Es wurden Kalkflecke darauf nachgewiesen, so nahm man an, dass es sich um eine Maurerschürze des Bruders handeln könnte.3
Das Verhalten des Bruders bei der Beisetzung der Schwester war ebenfalls auffällig. So hielt er eine Hand stets in der Tasche. Ein Augenzeuge will gesehen haben, dass die Hand zerkratzt gewesen war. Bei einer Überprüfung waren allerdings keine Kratzer gefunden worden. Allerdings wurde der Verdacht nicht weiter verfolgt, als der Volksmund immer lauter einen “jüdischen Ritualmord” vermutete und den Schuldigen schon ausgemacht hatte. Mit der Hetze gegen Hilsner wurde Anežka zur Märtyrerin gemacht. Ihre Familie wurde als Idealbild dargestellt, wie auch in den Exponaten eins bis drei zu sehen. Im vierten Exponat, der Karikatur, wird der Verdacht der Familie thematisiert.4

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