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Constitutio Beatus Andreas: Die päpstliche Entscheidung über die Seligsprechung des Anderl von Rinn

Beatus Andreas. So wird Anderl in diversen Schriften genannt. Kirchenrechtlich betrachtet ist das allerdings so nicht ganz richtig. Am 22. Februar 1755 bestätigte der Papst zwar den Kult um den Anderl, für eine päpstliche Seligsprechung sollten aber noch weitere Zeichen und Wunder aufgeführt werden, die mit Anderl in Zusammenhang gebracht werden konnten.1 Solche Wunder sind die entscheidende Voraussetzung für sakrale Selig- oder Heiligsprechungen. Das hängt unter anderem mit der Idee hinter derartigen Approbationen zusammen.
Seit Beginn dienten Selig- und Heiligsprechungen in erster Linie einem Zweck: Sie demonstrierten den Menschen die eschatologischen, also auf die letzten Dinge bezogenen Werte der Kirche sowie ihre Machtposition. Zwischen Seligen und Heiligen wurde bis ins 13. Jahrhundert in der Praxis kaum unterschieden. Erst 1234 manifestierte sich durch die Aufnahme in die Dekretalen Gregors IX. eine klare Unterscheidung zwischen Selig- und Heiligsprechung. Für die Heiligsprechung von Personen bedeutete dies, dass sie nun durch den Papst approbiert werden mussten. Seligsprechungen hingegen durften weiterhin durch den Ortsbischof vorgenommen werden. Es war diese Festschreibung, welche schließlich die Unterscheidung zwischen beatus (bischöfliche Seligsprechung) und sanctus (päpstliche Heiligsprechung) bedingte. Der größte Unterschied zwischen einer selig- und einer heiliggesprochenen Person liegt in der Kanonisation, also der Aufnahme in das Verzeichnis der Heiligen. Dafür wurde und wird noch heute ein Antrag an den Vatikan gestellt, wie es auch für Anderl von Rinn geschehen ist.2
Der Antrag geht besonders auf den damaligen Wiltener Abt Norbert zurück, der sich zuvor die Unterstützung aus Brixen zusichern ließ. 1752 wandte er sich mit seinem Anliegen an den Generalprokurator des Prämonstratenserordens in Rom. Das Verfahren sowie alle eingereichten Unterlagen zur Seligsprechung des Anderl wurden schließlich in der Constitutio Beatus Andreas vom 22. Februar 1755 zusammengetragen. Der 12. Juli wurde zum Festtag im Bereich der Diözese Brixen erklärt. Bereits 1754 findet sich ein zu diesem Anlass zu lesender Messtext mit dem Titel Missa de Beato Andrea innocente, at martyre Rinnensi. Gleichzeitig erklärte die Kirche, welche Stundengebete (Brevier) an diesem Tag durch die Geistlichen zu beten seien. Ebenfalls wurde die Parallelität zum Fall des Simon von Trient betont.3
Der Papst erlaubte also den Kult um Anderl, sprach ihn aber weder selig noch heilig. Nach einer ausführlichen Beurteilung kam Papst Benedikt XIV. zu dem Schluss, dass die Zahl der Wunder, die mit dem Anderl in Verbindung gebracht wurden, nicht ausreichend seien.4 Die Kirche hätte nun dieser Aufforderung nachkommen und weitere Nachweise für (angebliche) Anderl-Wunder in Rom einreichen können, tat dies allerdings nicht oder zumindest nicht mit genügend Nachdruck. So blieb es bis zur endgültigen Aufhebung des Kultes durch die Kirche im Jahr 1994 dabei, dass Anderl zwar nicht als Seliggesprochener, jedoch als beatificatio aequipollens angebetet wurde. Im Grunde handelt es sich hierbei um eine Kult-Genehmigung, ohne die Person kirchenrechtlich selig zu sprechen. Für die Gläubigen war dieser Unterschied in der Regel marginal, sofern sie überhaupt Kenntnis davon besaßen.5 Auf die Formen des Kultes, die Wallfahrt und die allgemeine Verehrung dieser Personen hatte es in der Regel keinerlei Auswirkungen, wie der Fall des Anderl von Rinn beweist.

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