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Nationale Rezeption

Der Prozess von Tiszaeszlár zählt zu den bedeutendsten politischen Ereignissen der ungarischen Geschichte des 19. Jahrhunderts. Nicht nur die Umstände des Falls, sondern auch das Gerichtsurteil bewegen Gesellschaft und Politik bis in die Gegenwart. Hierbei hat die Frage der Täterschaft zu Spannungen in Ungarn geführt, die im Folgenden anhand von fünf historischen Zeitabschnitten aufgezeigt werden sollen.
Zunächst widmet sich der Abschnitt der unmittelbaren Rezeption des Falls unter der nationalliberalen Regierung Kálmán Tiszas und beleuchtet die medienwirksame Agitation der ungarischen Antisemitenpartei gegen den Freispruch der jüdischen Männer (1882-1892). Anschließend wird auf Auswirkungen des Ritualmordvorwurfs hingewiesen und erläutert, inwiefern die Unabhängigkeit der ungarischen Justiz durch die Veröffentlichung der Memorien von Károly Eötvös von nationalistisch orientierten Intellektuellen infrage gestellt worden ist (1903-1945). Der dritte Teilabschnitt beschäftigt sich mit der Rezeption des Prozesses in der Volksrepublik Ungarn (1946-1989). Hier wird am Beispiel der Spielfilme Der Prozess und (Verzió) die Zurückhaltung der Parteiführung gegenüber gesellschaftskritischen Aufarbeitungen veranschaulicht und auf die Verlagerung antisemitischer Schriften ins Ausland verwiesen (Lajos Marschalkó – Welteroberer). Schließlich wird die Beurteilung des Falls seit dem Systemwechsel in Ungarn 1992 behandelt und das Aufkommen antisemitischer Darstellungen unter dem Einfluss der Neuen Rechten in Bezug zur aktuellen politischen bzw. wirtschaftlichen Situation des Landes gesetzt.