Die Schedl’sche Weltchronik
In der Schedel‘schen Weltchronik, auch als Nürnberger Weltchronik bekannt, aus dem Jahre 1493 befindet sich eine ausführliche Erzählung der Blutbeschuldigung um Simon von Trient. Insgesamt soll diese Edition circa 2100 mal verkauft worden sein, davon der Großteil, 1400 Exemplare, auf Latein und 700 auf Deutsch. Exemplare der Weltchronik wurden in ganz Europa verbreitet. Die deutsche Edition erschien ein halbes Jahr später als die lateinische und war prunkvoll und aufwendig gestaltet, sodass sich nur reiche Menschen diese leisten konnten. Heute sind nur noch 300 deutsche und 400 lateinische Exemplare erhalten.1
Die Ritualmordlegende nimmt in diesem Werk eine ganze Seite ein. Hierbei muss man sich vor Augen führen, dass das Buch als eine Weltchronik bezeichnet wird und aufgrund der lateinischen Ausgabe für den gesamten europäischen Markt ausgelegt war. Der angebliche Ritualmord um Simon von Trient wird durch einen Holzschnitt begleitet, der wahrscheinlich von Michael Wohlgemuth oder Heinrich Pleydenwurff stammt.2
Der Text erzählt von diesem angeblichen Ritualmord. Es wird zunächst eine genaue Zeitangabe gemacht: Danach soll sich dieser Fall in der Zeit der Karwoche ereignet habe, also zur selben Zeit, zu welcher die Juden und Jüdinnen ihr Passahfest feierten. Aufgrund dessen würden sie noch „cristenlichs plut“ gebrauchen und den Juden Tobias losschicken, damit dieser ein Kind entführe. Dabei sei seine Wahl auf Simon gefallen, dem er „schmaychlende“ Worte zusprach und ihn mit in die Synagoge nahm. Dort „freuten sich Samuel Thobias Vitalis Moyses Israhel und Mayer“. Die Märtyrerszene ist in der Chronik besonders detailliert beschrieben: So entblößen sie den Jungen zunächst und binden ihm ein „facitletein“ um den Hals, damit man seine Schreie nicht hören kann. Danach schneiden sie ihm sein Glied ab, Stücke aus seiner Wange heraus und stechen ihn mit Nadeln. Simon wird dabei festgehalten und mit einer Schale wird sein Blut aufgefangen. Währenddessen singen die Juden und verhöhnen das Kind mit den Worten „Nim hin du gehangner Jhesu also haben dir ettwen unßer eltern gethan. also sollen alle cristen in hymel auff erden und meer geschend werden“. Nach dem Martyrium werfen sie das Kind in den Fluss und trinken von dem Blut, welches sie aufgefangen haben. Die Eltern suchen indes besorgt nach ihrem Jungen und finden diesen nach drei Tagen in dem Fluss. All jenes bekommt Johannes Hinderbach mit und nimmt die Juden und Jüdinnen daraufhin fest, damit sie ihre Strafe bekommen. Der Leichnam wird unterdessen „bestattet“ und an seinem Grabe treten Wunder auf, weshalb die Bürger ihm eine Kirche errichten.3
Die dazugehörige Illustration zeigt die Szene der angeblich durch die Juden und Jüdinnen Simon zugefügten Marter. Neben allen auf dem Bild dargestellten Figuren steht ein dazugehöriger Name. Simon ist dabei in der Mitte auf einem Tisch stehend abgebildet. Unter ihm hält der Jude Angelus die Schale mit dem aufgefangenen Blut und Moses trennt mit einem Messer das Glied ab. Die Anderen stechen den Jungen mit Nadeln. Es lassen sich stereotypische Merkmale der Juden erkennen, wie zum Beispiel der Geldbeutel um die Taille bei Moses, der Judenhut bei Israhel und die sogenannte Judennase bei Mayer. Ebenfalls tragen alle lange Gewänder.4
Bei genauerer Betrachtung der Weltchronik erkennt man, dass die Geschichte um die Ritualmordlegende beispielsweise von dem Tiberinus-Brief abweicht. In der Chronik findet man den Leichnam im Fluss, von dem Haus Samuels ist nicht die Rede. Auch wird die Leiche Simons bestattet und nicht wie in Tiberinus‘ Narrativ in die Kirche gebracht. Diese soll nach der Schedel’schen Erzählung erst für Simon gebaut worden sein.
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